Rückblick auf den kollegialen Austausch am 19.1.2021:

Knapp 30 Kolleg:innen trafen in der Videokonferenz bei #waldorflernt ein, um sich über synchrone und asynchrone Lernformen und ihre Eignung für den Fernunterricht auszutauschen.

Synchrone Unterrichts-Formen ohne Präsenz

Ulrike Sievers aus dem Team von #waldorflernt wies in ihrem Impulsvortrag darauf hin, dass gleichzeitiges Arbeiten am selben Thema oder die Ausübung bestimmter Tätigkeiten zur gleichen Zeit auch ohne Präsenz denkbar sind: Wenn die Schüler:innen einen Stundenplan für das häusliche Lernen und Arbeiten haben und der Schultag zuhause für alle zur selben Zeit mit denselben Aktivitäten beginnt, kann das sowohl unterstützend als auch gemeinschaftsbildend wirken.

Asynchrone Formen des Unterrichts

Als asynchrone Unterrichtsmethoden stehen zum einen die von den Hausaufgaben bekannten schriftlichen Formen wie das Schreiben und Rechnen im Epochenheft, das Bearbeiten von Aufgaben, Arbeitsblättern und Wochenplänen, das Erstellen von verschiedensten Texten und das Gestalten von informativen Plakaten oder anderen Präsentationsformen zur Verfügung.

Zum anderen eignen sich für das asynchrone Lernen aber auch alle möglichen praktischen Aufgaben: kleine und größere
Projekte, lebenspraktische Tätigkeiten, handwerkliche und künstlerische oder sportliche Aktivitäten,
bei denen die Kinder und Jugendlichen in Bewegung kommen, sich ausprobieren und die Welt erkunden können. Lehrer:innen können Inhalte und Arbeitsaufträge dafür über herkömmliche oder neue Medien als Dateien, (Powerpoint-) Präsentation, Audio- und Videodatei ihren Schüler:innen zur Verfügung stellen.

Lehr-Videos

Bei den Videos sind wiederum verschiedene Formate denkbar: Aufnahme der Lehrkraft beim Vortrag („TED-Vortrag“, mit Tafel oder Flipchart) oder Nah-Aufnahme bei der vorzuführenden Tätigkeit („DIY-Video“, z.B. für Geometrie oder Mathematik, aber auch Handarbeit und Werken). Der Umgang mit der Technik will gelernt sein, angefangen bei der sinnvollen Position, Haltung und Blickrichtung
während der Aufnahme, über die Software zur Bearbeitung bis hin zur Komprimierung und Veröffentlichung auf der jeweils gewählten Lernplattform.

Präzise Arbeitsaufträge, Sprechstunde

Gegenüber dem Präsenzunterricht, wo Verständnisfragen sofort gestellt werden können, ist es im Fern-Unterricht besonders wichtig, die Arbeitsaufträge präzise zu formulieren. Zusätzlich ist eine Sprechstunde zur Klärung dabei auftretender Probleme sinnvoll.

Synchrone Unterrichts-Formen in Präsenz

Mit der Videokonferenz als Instrument des synchronen Arbeitens in Präsenz hatten bereits viele Teilnehmer:innen eigene Erfahrungen gesammelt. Hier zeichnet sich ab, dass die Arbeit in kleinen Gruppen effizienter ist: Wenn die Lehrkraft alle Teilnehmenden auf ihrem Bildschirm zumindest als kleines Portraitbild sieht, kann sie eher auf die Erfordernisse der Einzelnen eingehen. Schulisches
Arbeiten mit der ganzen Klassengemeinschaft scheitert oft daran, dass die Klasse über die briefmarkengroßen Bewegtbilder keine mit dem Präsenzunterricht vergleichbare Lernatmosphäre entwickelt. Wichtig ist es immer, Teilnehmende in der Videokonferenz zu aktiver Mitarbeit anzuregen. In konsumierendender Zuschauerhaltung werden die Möglichkeiten der Videokonferenz lange nicht ausgeschöpft!

Weitere Formen des synchronen Arbeitens sind das Telefonieren (1:1 oder als Telefonkonferenz) und die Möglichkeit, sich 1:1 mit Distanz im Freien zu begegnen, sofern mit der jeweils geltenden Corona VO und Schulvorschriften vereinbar.

Datenschutz

Es wurde darauf hingewiesen, dass die Frage nach dem Datenschutz beim Einsatz derartiger digitaler Pinwände und bei der Begleitung jüngerer Schüler:innen bei der Bedienung der digitalen Endgeräte mit den geltenden Richtlinien übereinstimmen müssen. Das ist von der Schule zu geklären bzw. mit den Eltern zu vereinbaren.

Was ist der Kern von Unterricht und Lernen?

Für die Erörterung der aufgeworfenen grundsätzlichen Frage, was Unterricht und Lernen denn im Wesentlichen sind, war an diesem Abend nicht ausreichend Zeit. Sie ist als Thema für die nächste Sprechstunde vorgesehen. Im ersten Teil des Onlinekurses „Waldorf digital“ finden Sie hierzu eine Darstellung der 7 Lernschritte.

Fachspezifischer Austausch

Anschließend hatten die Teilnehmer:innen in Gruppen Gelegenheit, sich gezielt über ihre jeweiligen fach- und altersspezifischen Fragen auszutauschen. Da sprachen Klassenlehrerinnen mit Klassenlehrern, Oberstufenlehrerinnen mit Oberstufenlehrern und Sprachlehrerinnen mit Sprachlehrern.

Dieser fachspezifische Austausch war für viele besonders wertvoll und es entstand der Wunsch, diesen zu vertiefen. Hier zeigt sich wie bereichernd es ist, wenn Kolleg:innen miteinander nicht nur über die Methoden des Fern-Unterrichts sprechen, sondern auch die Frage bewegen, was der Unterricht und das Lernen in der jeweiligen Altersstufe bewirken kann und will, und davon ausgehend möglicherweise zu ganz neuen Inhalten kommen. Gerade Lernen zuhause bietet sich an für fächerübergreifende Projekte, bei denen Schüler:innen in kleinen Gruppen von mehreren Kolleg:innen gemeinsam betreut werden könnten.

Lernfortschritte wahrnehmen statt Korrekturstapel bearbeiten

Einige Kolleginnen fragten „Wie kann ich die schulische Arbeit der Schüler:innen wahrnehmen und würdigen, ohne in Korrekturbergen zu versinken?“ Hier gilt es kreativ zu sein und die vielfältigen Wege zu nutzen, auf denen Schüler:innen ihre Lernschritte und –ergebnisse teilen und präsentieren können.

Neben den Lehrer:innen können auch Schüler:innen verschiedene Medien und Formate nutzen. Sie können ihre Lernfortschritte in traditioneller Form sichtbar machen (Arbeitsblatt, Schulheft, Plakat zur visuellen Unterstützung eines Referates) oder ebenfalls digitale Formate nutzen: Präsentation, Audio- und Videodatei, hier unterschieden nach animierten Zeichnungen / Stop-Motion-Film und
Aufnahme der vorführenden Schüler:innen selbst. Die Herausforderung besteht hierbei in der n der Lehrkraft vorgegebenen Zeitbegrenzung (z.B. 2 Minuten für Videos, 5 Minuten für Audios).

Die Wahrnehmung und Würdigung des Lernfortschritts muss nicht allein an der auftraggebenden Lehrperson hängen. Gegenseitiges Feedback durch Klassenkameraden ist genauso denkbar wie die Anerkennung, Beurteilung und Korrektur durch einen Lernpaten, der aus der Verwandtschaft, Nachbarschaft oder aus höheren Klassen gewonnen werden kann. Je vertrauter dieser Lernpate bereits mit der Waldorfpädagogik ist, desto leichter wird die kollegiale Zusammenarbeit im Team mit der auftraggebenden Lehrperson fallen.

Vorbereitung in Präsenz-Zeiten

Im Gespräch wurde deutlich, dass gelingender Fern-Unterricht an das anknüpft, was bereits in Präsenz-Zeiten vorbereitet worden ist. Schon in der 2. Klasse können Schüler:innen üben, dem anderen ein kritischer Freund zu sein und auch an das selbständige Arbeiten können Schulkinder von Anfang an herangeführt werden.

Ein Lerntagebuch kann die Schüler:innen dabei unterstützen, ihren Lernerfolg wahrzunehmen und gleichzeitig die Bildschirmzeiten zu dokumentieren. Auch folgende Challenge kann hier Bewusstsein schaffen:

  • Welchem Schüler:innen / Lehrer:innen gelingt es, mindestens genauso lange Sport und Musik zu machen, wie er/sie täglich am
    Schreibtisch sitzt?

Händeschütteln zum Abschied

Am Ende der Konferenz zeigen die Teilnehmenden, in welcher Richtung sie die jeweils sprechende Person sahen und versuchten dann, ihrem „Nachbarn“ auf dem Bildschirm die Hand zu schütteln, was aufgrund unterschiedlicher Anordnung der Kacheln zu heiterer Verwirrung führte.

Mit dieser Stimmung gehen die Teilnehmer:innen morgen wieder an den Fernunterricht, und freuen sich auf die Fortsetzung des gemeinsam begonnenen Lernprozesses – im Onlinekurs, im Forum oder beim nächsten kollegialen Austausch in der Videokonferenz.

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